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Gebäude und Geschichte

(Quelle: Hans Moser in "Die Gerichte im Landgerichtsbezirk Mannheim" von Holger Radke, Günter Zöbeley)




Das Gebäude des heutigen Amtsgerichts wurde 1725 erbaut. Das Haus wurde zunächst zur Unterbringung von Angehörigen der kurfürstlichen Familie, die im Schloss keinen Platz mehr fanden, sowie für ausländische Besucher (Gesandte) genutzt. In dieser Zeit trug es den Namen „Prinzenhaus“, ab der Mitte des 18. Jahrhunderts gab man ihm die Bezeichnung „Gesandtenhaus“. 

Ab 1766 wohnte der Kurpfälzische Oberbau- und Gartendirektor Nicolas de Pigage (1723 bis 1796), der Schöpfer der Schwetzinger Gartenanlagen und Parkbauten, im Erdgeschoß des Hauses bis zu seinem Tod am 30. Juli 1796. Nach ihm bewohnten Friedrich Ludwig Skell (1750 bis 1823) und ab 1804 der Großherzogliche Gartendirektor Johann Michael Zeyher (1770 bis 1843) das stattliche Gebäude. Johann Peter Hebel (1760 bis 1826), der alemannische Dichter, starb hier während eines Besuches am 22. September 1826. An den Tod des Dichters erinnert eine Gedenkschrift über dem Eingang des Amtsgerichts.


Neben den bereits Genannten beherbergte das Gebäude zahlreiche weitere hochgestellte Persönlichkeiten, u.a. den Herzog Christian von Zweibrücken, dessen Bruder, den Pfalzgrafen Friedrich, der hier auch verstarb und die preußischen Gesandten am Hof Carl-Theodors, Friedrich Wilhelm von Brand (1766–67) sowie Gottfried Adam von Hochstätten (1769–77) und den sächsischen Gesandten Andreas von Riaucour (1748–77).

Mit dem Übergang Schwetzingens von der Kurpfalz an Baden ab 1803 wurde das Amt Schwetzingen gegründet. Am 19.06.1805 wurde das "Amtscommissariat" Schwetzingen durch den Markgrafen Karl-Friedrich von Baden mit gerichtlichen Aufgaben betraut. Ab diesem Zeitpunkt kann von einem Amtsgericht Schwetzingen gesprochen werden.

1857 wurde in Baden die Trennung von Verwaltung und Justiz vollzogen. Räumlich war es noch im Amtsgebäude am Schloßplatz Nr. 4 untergebracht, ehe 1863 der Südflügel des Schwetzinger Schlosses bezogen wurde. Bereits im Jahre 1847 hatte das Großherzoglich Badische Justizministerium den Antrag zum Kauf des Gesandtenhauses zwecks Einrichtung eines Oberamtsgerichtes gestellt. Es dauerte jedoch noch rund 30 Jahre bis das Amtsgericht in das Gebäude einzog. Der Mietvertrag wurde im August 1878 geschlossen. Auch das seit 1840 bestehende Notariat Schwetzingen hatte seither seinen Sitz in diesem stattlichen Gerichtsgebäude. 

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatte das Amtsgericht immerhin schon zwei Richter, die den Titel Amtsrichter bzw. Oberamtsrichter führten. Nach dem zweiten Weltkrieg versah Amtsgerichtsrat Dr. Franz Graf bis 1949 die Geschäfte eines Dienstvorstandes beim Amtsgericht Schwetzingen zunächst als einziger Richter, bis sich dann ab 1949 die Zahl der planmäßigen Richterstellen verdoppelte. In diesem Jahr trat Dr. Franz Mayer seine Richterstelle in Schwetzingen an und wohnte in den folgenden Jahren, nunmehr bereits als Amtsgerichtsdirektor, mit seiner Familie im rechten Flügel des Dachgeschosses des Amtsgerichtsgebäudes, während sich im linken Flügel die Dienstwohnung des damaligen Wacht- und Hausmeisters befand. Auf Dr. Mayer folgte dann Dr. Hans Gessner als Dienstvorstand. Bis zu dessen Ernennung zum Vizepräsidenten des Amtsgerichts Mannheim erhöhten sich die Richterstellen des Amtsgerichts auf fünf. Am 2. Januar 1980 wechselte Oberstaatsanwältin Dr. Barbara Just-Dahlmann als erste Frau im Land Baden-Württemberg auf eine Stelle als Direktorin des Amtsgerichts. Nach ihrem Ruhestand 1986, einem Jahr, in dem das Schwetzinger Amtsgericht schon wieder zu klein geworden war und deshalb die Familiengerichtsabteilung ein neues Quartier beziehen musste, wechselte Dr. Karl-Heinz Wendland als Direktor des Amtsgerichts von Tauberbischofsheim nach Schwetzingen. Nach seiner Pensionierung im Jahr 1995 folgte Hans Moser, der über seine Tätigkeit als Dienstvorstand hinaus den Verein "Kunst im Amtsgericht" initiierte und auf diesem Weg die Räumlichkeiten des Amtsgerichtsgebäudes einem breiten kunstinteressierten Publikum öffnete. In den Jahren 2010 bis 2019 leitete Andrea Gadamer als Direktorin die Geschicke des Amtsgerichts, in deren Außenstelle im Zuge der Notariatsreform in der Marstallstraße neben dem Familiengericht auch das Nachlassgericht untergebracht wurde. In der Folge wuchs das Amtsgericht auf über 50 Beschäftigte an, darunter insgesamt acht Richterinnen und Richter. Nach ihrer Pensionierung wurde im Jahr 2020 Kai Günther zum Direktor des Amtsgerichts ernannt.

Das Amtsgerichtsgebäude in der Zeyherstraße verfügt über 2 Sitzungssäle, darunter befindet sich im ersten Obergeschoss ein repräsentativer Saal mit Deckengemälde und Deckenstukkaturen. 



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